Rooney als Spielverderber - Weirussland

December 2024 · 3 minute read

WM-Qua­li­fi­ka­tion, Minsk, Weiß­russ­land: Dynamo-Sta­dion, 15. Oktober 2008, 40000 Zuschauer

Gleich meh­rere Staaten pro­fi­tierten von diesem Spiel. Aus Kos­ten­gründen flogen tau­sende eng­li­sche Fans über Dritt­länder nach Weiß­russ­land ein. Geschlafen und gezecht wurde in der Nacht vor dem Spiel auch in Vil­nius. Die litaui­sche Haupt­stadt liegt rund 200 Kilo­meter von Minsk ent­fernt. Unsere für die Zug­fahrt von Vil­nius nach Minsk bereits in Deutsch­land erwor­benen Tickets hin­ter­ließen beim Per­sonal am Haupt­bahnhof aber wenig Ein­druck. Man­gels Platz­karte, die umge­rechnet nur wenige Euro gekostet hätte, wurden zwei Eng­land-Fans und ich von den Schaff­ne­rinnen eis­kalt auf dem Bahn­steig zurück­ge­lassen – mor­gens um 6.30 Uhr. Als wir es darauf mit dem Bus ver­suchten, mussten wir erfahren, wieso die Fahrt stets über vier Stunden dauert. 70 Minuten stand der Bus an der Grenze zwi­schen dem EU-Mit­glieds­land Litauen und dem mos­kau­treuen Weiß­russ­land, damit eine Beamtin rund 50 Ein­rei­se­visa abstem­peln konnte.

Am Haupt­bahnhof in Minsk stiegen viele eng­li­sche Fans aus, arg­wöh­nisch beob­achtet von halb­starken Weiß­russen. Deren Drang wurde jedoch ein­ge­schränkt. Polizei- und Sicher­heits­kräfte patrouil­lierten durch die Straßen der unge­wöhn­lich sau­beren Stadt. In Minsk lassen sich kaum Papier- oder Ziga­ret­ten­reste finden. Die 5000 eng­li­schen Fans hielten sich nicht unbe­dingt an das regio­nale Rein­heits­gebot, aber sie fei­erten fried­lich in Kneipen und Restau­rants. Zudem gab es auch etwas für die Augen. Nicht nur die City-Magis­trale, die der Ber­liner Karl-Marx-Allee ähnelt, glich einem Lauf­steg. Im Sekun­den­takt liefen wun­der­schöne und sehr modisch geklei­dete Weiß­rus­sinnen vorbei. Im Dynamo-Sta­dion, wo 1980 sieben Spiele des olym­pi­schen Fuß­ball­tur­niers statt­fanden, inter­es­sierte dieser inof­fi­zi­elle Model-Con­test jedoch weniger. 40000 Zuschauer kamen, um Steven Ger­rard, Wayne Rooney und Edel­re­ser­vist David Beckham zu sehen.

»Das volle Sta­dion ist Aus­druck des Auf­schwungs des bel­o­rus­si­schen Fuß­balls«, sagte Bernd Stange, der deut­sche Trainer der Weiß­russen. Auf dem Ober­rang der bau­fällig erschei­nenden Haupt­tri­büne blieben jedoch tau­sende Plätze leer. Dort beob­ach­teten nur ein paar Uni­for­mierte die Lage. Zwi­schen den Fans saßen Sol­daten, die das Gleiche taten. Wäh­rend die Gäste die schnelle Füh­rung durch Steven Ger­rard den­noch sor­genlos beju­belten, ras­teten die mit Tröten bewaff­neten weiß­rus­si­schen Anhänger beim Aus­gleich von Pavel Sitko regel­recht aus. La Ola schwappte sogar durch den Ultra-Block, in dem immer wieder Dop­pel­halter mit bel­o­rus­si­schen Städ­te­namen und Schals in den Lan­des­farben gezeigt wurden. Nach der Pause erwiesen sich die Eng­länder als cle­verer und Wayne Rooney mit zwei Toren als oberster Spiel­ver­derber. Am nächsten Morgen rollte die eng­li­sche Kara­wane zurück über Vil­nius. Von dort gingen die Flieger in Rich­tung Heimat. Viele Anhänger waren für 90 Spiel­mi­nuten drei oder vier Tage unter­wegs. Abschre­cken konnte sie das nicht. Am 6. Juni 2009 wollen viele von ihnen eine noch grö­ßere Rei­se­hürde nehmen – zum Aus­wärts­spiel in Kasach­stan. Der eine oder andere Sup­porter wird dann alleine für eine Strecke eine Woche im Zug sitzen.

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